In der Liste der Fehlkommunikationen in sogenannten Social-Media-Dingens der letzten Jahre scheint sich trotz oder gerade wegen Beratung eine komplizierende Faildynamik einzuschleichen. Während vor ein paar Jahren die Beispiele noch ziemlich simple Fails der robusten Sorte waren, weil im Prinzip am anderen Ende niemand an der Leitung war, geht da jetzt jemand ran, dem Berater erzählt haben das man bei Twitter und Facebook zu sein hat, und löst Kaskaden aus die unendlich komplizierter werden. Die kommunikative Kontingenz wird also gerade erst doppelt ohne schon über Mechanismen oder Organisationsformen zu verfügen, die diese Komplexität reduzieren zu können. Arrrgs² oder auch Fail² sind also vorübergehend garantiert. Erst wenn sich die Organisationen oder die Köpfe verändern, wirds wieder weniger popcornträchtig.
Netzwerke
Die Erosion der Facebook-Inhalte
Es lag mir seit Tagen in der Timeline und musste heute morgen raus. Wieder kam leider der Gewohnheitsreflex zu Gunsten von Facebook zum Tragen, mit dem Ergebnis das die folgenden Worte zuerst auf Facebook (LIS = lost in silo) erschienen:
Nach der ersten Ausblendwelle vor ca. zwei oder drei Jahren kann ich auf den verbliebenen Timelines in den letzten zwei drei Monaten eine weitere Erosion der Inhalte beobachten. Selbst intellenteste Leute werden scheints in einen Mahlstrom der Bürowitzchen (Stand ca Anfang 2000 als man in Großraumbüros den Emailanhang entdeckte) und Aphorismen hineingezogen. Zumindest aus meinem Wahniversum heraus ist und bleibt Google Reader ungeschlagen. Hier (FB) wird jeder scheints früher oder später mit einem „measured merriment“-Virus infiziert.
In den folgenden Kommentaren habe ich das dann etwas weiter abgeschliffen und ausgeführt.
*Ich meine da einen Gradienten, eine Veränderung zu beobachten in den Schwerpunkten der Links/Likes/Postings/Stati. Ist nur eine subjektive Beobachtung, grad so wie ein Sog hin zu einem Mittelwert, der maximal anschlussfähig ist. So als ob das Konzept der attention economy in den Spontankommunikationsreflexen des letzten Inneletuellen angekommen wäre.
*Muss das nochmal hervorheben: Ich meine eine Veränderung zu beobachten, ich kritisiere keine statische Kommunikationskultur. Mir scheint es (FB) tut etwas mit dem was Leute meinen mitteilen zu müssen. 0-Hypothese sozusagen.
*Wenn es (FB und andere Systeme) gut funktioniert, dann müsste es auch innerhalb dieser Verbreitungsmedien so etwas wie eine Konsenshypnose geben, die zu thematisieren schwierig ist, weil das entweder mit Konflikt verwechselt wird oder zum (konsequenten?) Ausstieg führt. Ich such gerade nach dem experimentellen, begrifflichen Stecken um in dem Ameisenhaufen rumzuporkeln…
Der Spass der sich innerhalb von FB manifestiert ist keine Freude. Spass machen ist eine Routine die nur aus einer Konsenshypnose resultiert. Wenn man sich dieser verweigert – ob in real oder auf FB, Twitter, Googel+ – setzts was.
Thorsten Kogge fügte an: “ FB verführt schon dazu, Dinge mittzuteilen, die anonsten wieder im Nirvana des Kurzzeitgedächtnisses verschwinden; impulsive Zuckungen…“
Was mich zu einer weiteren Präzisierung (?) zwang:
* “FB verführt schon dazu,“ – Das ist eine sozusagen stratifizierende(?) ontologisierende Beobachtung. Impliziert, das man wüsste was FB ist. Die Gesamtheit dessen was man meint das FB wäre, wäre dann die kritikfähige Kommunikationskultur. Das meine ich nicht. Ich weiss nicht was FB oder seine Komm-Kultur IST. Ich vermute wir können nur – wenn wir aufmerksam bleiben/sind – Veränderungen beobachten. Nur Veränderungen sind Unterschiede, die beobachtbar sind. Wie war es vor 6 Monaten? Wie war es vor 3 Jahren? Oder: Wenn FB ein gut fluppendes System ist, dann werden sich Routinen einschleppen („measured merriment“), die die Autopoiese gewährleisten. Alles andere wird nicht anschlussfähig sein. Gilt natürlich ebenso für Google+, Twitter, Pinterest etc.
https://www.facebook.com/siggi.becker/posts/10151075402813324
Reflexionen zur Echokammer
Die Qualität der Circles, der Freunde, der Follower ist ein direkter Spiegel der Persönlichkeit. Die wertenden Kommunikationen darüber ebenfalls. You get what you are. Zumal in den immer längeren Zeitspannen sich statistische Effekte und Schleifen bemerkbar machen werden, die ein wie immer beschreibares Niveau herausmendeln werden, das nur durch gezielte Brüche und Selbstprovokationen up oder down transformiert werden können. To speak 4th-wayig: Schocks. Kommunikative Schocks. Insofern setzt die aktive Nutzung des Netzes den Willen zur Selbstentdeckung voraus. Wer das nie gesucht hat, wird entweder altes Kommunikationsverhalten prolongieren oder sich da raushalten, aber trotzdem versuchen mitzureden. Paradoxer Mist an den Schorfrändern, dort wo sich On- und Offline berühren. Impro Ende.
Wahre Zielgruppen und lärmende Laufkundschaft
Muss das mal schnell raushauen, weil es so schön dissonant kommt. Die wirklichen Adressaten dieses netten Artikels von MdB Ansgar Heveling sind doch nicht die Menschen die sich gerade darüber aufregen, sondern die, die gerade roten Wangen bekommen, weil da ein junger, dynamischer Mensch sie versteht. Der muss (ha! nein der will) ein Direktmandat bekommen!
Ich finde es erstaunlich das die, die sich immer so medienflott gerieren, so einen Text nicht machtpolitisch und doppelagendamässig reverse engineeren können. Leider hängt von diesem Manko, machtpolitisch analysieren zu können unsere Zukunft ab.
Die Restauration läuft und sucht sich ihre Stimmen. Die alten Herren im Hintergrund hören zu und suchen sich ihre Frontkasper. Rede jetzt, sofort!
Nachtrag: Wenn ein analytischer Leser diesen Artikel (nooo link) klar als Bewerbungspitch erkannt hat, stellt sich die interessante Anschlussfrage: Für welchen Posten und warum exakt jetzt?
Nachtrag 2: Jetzt hat dä Lumma es auch geschnallt http://lumma.de/2012/02/01/ansgar-heveling-hat-recht/
Ein gutter Tag für das Reich!
Wenn man die unscharfen Verästelungen der in immer kürzeren Abständen eintrudelnden Obszönitäten versucht zu focussieren wird einem übel. Der Niedergang großer gesellschaftlicher Zeitläufte, die sich ihrem Ende nähern bringt auch mit sich, das die plutokratischen Schläge in die Fresse der restlichen 99% immer freizügiger und lustvoller vollzogen werden – und werden können. Das was Macht kann, zeigt sich nie in normalen Zeiten. Erst wenn der Zeithorizont von Alternativen gepflastert wird, die es von Seiten der Nutzniesser eines Status Quo zu vermeiden gilt, kommt wirkliche Macht auf Touren. Da werden dann in Hinterzimmergesprächen ganze Länder abgekoppelt (UK-EU), da werden Menschen installiert die kontra-kompetent aber transnational vernetzt sind (Guttenberg), da werden nichtgewählte Experten mit finanzpraktischem Hintergrund als Regierung installiert. Je alternativloser uns Entscheidungen verkauft werden, desto alternativvoller ist die Zukunft die vor uns verborgen werden soll.
Arbeitsmoral und Netzwerkgesellschaft
Wenn der protestantischen Arbeitsmoral ein lineares Dampfmaschinenmodell zugrunde liegt, welche Arbeitsmoral gehört dann zur nichtlinearen Netzwerkgesellschaft?