Terra wälzt sich auf die andere Seite

Der Pacific shift, den Tofler, Naisbitt und andere Ende 80iger Anfang der 90iger abgeleitet haben, ist massiv in vollem Gang und an popkulturellen Symptomen Live zu beobachten. Die Aufgespultheiten, die wir hier noch zelebrieren und als notwendig für unsere kulturelle, intellektuelle sowie ökonomische Selbstdefinition erachten zerbröseln im gleichen Maße, wie das dortige Gilded Age an Schwung gewinnt um sich täglich selbst zu überholen.

Die Basis dieser Aufgespultheiten war eine 50 Jahre aufrechterhaltene Alimentierung, als Bollwerk gegen den Osten, in dessen Brackwasser sowohl eine funktionierende Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung toleriert wurde, als auch ein reichhaltiges, subventioniertes kulturelles Schaffen, ohne die Notwendigkeit die Miete woanders als aus staatlichen Töpfen einzuloben. Nu stehn se da, seit dem Wegfall der Mauer und der Mutation des Ostens in ein kettenloses Grinsemonster.

Die G´scheiten dienen sich der Funktionselite an, biegen sich im Sturm. Die weniger G´scheiten wedeln täglich auf allen Kanälen und posten atemlos: „Hier! Hier! Hier!“. Und die routiniert Intellenten werden ihre abgegriffenen Redehölzer weiterhin virtuos bearbeiten, nur um bloss nicht den Blick zu heben von ihren glitzernden Ziselierungen, die niemanden mehr zu blenden.

Die sich türmenden Unwahrscheinlichkeiten von Dubai über Luxos bis RKOI wollen so lange gefüttert werden bis wir alle – wie Neil Stephenson in Snow Crash formulierte – ein Niveau erreicht haben, das ein pakistanischer Ziegelbrenner für Reichtum hält.

Bis dahin zählt der Kinnladenfaktor als Indikator für die Planetenwende.

Bezahlfacebook?

Ich bin jetzt mehrfach von Facebook gefragt worden, ob ich mein Posting gegen Cash featuren möchte. Ich habe natürlich dankend abgelehnt und dann verschwubbelte das im Nirgendwo und wahrscheinlich haben das auch nicht alle zu sehen bekommen. Gnädige Aufmerksamkeitshygiene eines benevolenten Herrschers.

Was mich natürlich langsam auf den Gedanken bringt, ob es nicht komplett abwegig ist davon auszugehen, das in irgendeiner nicht so fernen Zukunft jedes Posting/Status/Link mit Cent-Beträgen abgerechnet werden wird. Aufmerksamkeit gegen Cash. Für jeden. Zuspitzung der Aufmerksamkeitsökonomie mit allen Turbofolgen der Inequality. Politik gegen Cash. Bürgerbewegungen gegen Cash. Cash gegen Cash. Oh, eine Bank.

Es wird Zeit sich dort konsequenter zu verabschieden. Ein unberechenbares Silo.

Schwung der Figur im wendenden Punkt

Flüssiges zu flüssigem. Teilnehmen in einem Fluss. Keine kanonischen Texte mehr, sondern Teilnahme an einem großen kontingenten Fluss. Darin liegt auch das Unverständnis begründet, das Menschen die nicht aktiv im Netz unterwegs sind, selbigem entgegenbringen. Darum ist Free Jazz für den Zuhörer anstrengender, als für den aktiven Improvisator. Darum sind Denker wie Kusanowsky auch immer noch in einer Geste befangen, die versucht zu argumentieren und kanonische Erkenntnisse zu simulieren. Wir müssen hier – und das hier ist das Überall morgen – neue stilistische Schreibhaltungen erfinden, die diesem 24/7 Fluss mehr entsprechen, als die der Seminaristen, Föjetongisten oder Postdocs. Wer sich mit der Cut-up Technik von Burroughs anfreunden kann, ist der Zukunft des Schreibens und der Kommunikation näher als alle Gralswächter der Theorie je sich wähnten.

So zu tun als ob man ein Medium wäre gibt mir keine Ispiration mehr. Die Figur der Demokratisierung der Medien ist so falsch wie möglich. Die darin begründete Schreibhaltung, die sich ihren Stil sucht ebenfalls. Das imaginierte Publikum behindert unsere Zukunft. Die nächste Gesellschaft ersteht in Sätzen, die zu einem ganz anderen imaginierten Publikum spricht, als das der Abituraufsätze, Features, Bücher und Dissertationen.

Science Fiction ist nicht mehr unsere Zukunft. Die Symbole, die uns bis zur Erregung inspirieren müssen heute, hier erfunden, gefunden werden.

Mehr Impro. Mehr Groove!

Die Jagd nach der Dysonsphere

Hach, das ist aber nett. In meinem Vortrag im Juli an der MDH nahmen die Dyson-Sphären einen nicht unwesentlichen Raum (haha) ein, was dem Ganzen natürlich einen hochspekulativen Drall gab. Dr. Jay mopperte, eine Studentin bemängelte Praxisrelevanz. Aber manchmal muss man durch sowas durch und verbissen an Visionen festhalten. Was in einem kleinen Vorlesungsraum in einer kleinen Großstadt in Teutschland heftiger Spinnkram ist, kann ein paar tausend Kilometer weiter ein paar tausend Dollar, genauer 200000$ wert sein. Geoff Marcy hat diese Summe von New Frontiers in Astronomy & Cosmology erhalten um handfest nach Dysonsphären zu suchen. Weitere Details auch im hochgeschätzten Centauri-Dreams-Blog.

Alles wirklich erst der Anfang

Musste gerade den Implus, in Facebook einen längeren Satz mit minimaler Schöpfungshöhe zu formulieren hart ausbremsen und stattdessen hier zu schreiben. Aalso.

Wenn man irgendwas über die technologische Timeline zum empften Male sagen kann, dann das: Alles erst der Anfang. Auch wenn smarte Geister aus dem technoesken Föjetong einem zyklisch etwas anderes einreden möchten.

‎“STAN WILLIAMS: We have such a long way to go. People talk about reaching the end of Moore’s Law, but really, it’s irrelevant. Transistors are not a rate-limiting factor in today’s computers. We could improve transistors by factor of one thousand and it would have no impact on the modern computer.

The rate-limiting parts are how you store and move information. These are visible targets and we know what we have to do to get there. We can continue to improve data centers and computers at Moore’s Law rates — doubling performance every 18 months — for at least another 20 years without getting into something like quantum or neuronal computing.“

Quelle: HOW ATOMIC SCALE DEVICES ARE TRANSFORMING ELECTRONICS

Dieser Williams ist nicht so ein technoesker FAZ-Jüngling, der interessante Gesprä Diskurse in Berliner Salons über die Hybris dös Mänschen führt, sondern Hewlett-Packard Senior Fellow and director of the company’s Cognitive Systems Laboratory. Vermutlich wieder so ein schrecklicher „getting shit done“-Typ.

Anstatt aus der Gegenwart die Möglichkeit oder Unmöglichkeit von irgendetwas in der Zukunft (Chips, Moore, Ai, AGI) smart zu kritisieren oder zu „widerlegen“, sollten wir Forderungen an die Gegenwart aus dem Geiste der uns maximal vorstellbaren Zukunft stellen. Wer sich nix vorstellen kann trägt sowieso das unsichtbare Zeichen des Darwin-awards auf der Stirn. Hugh!

Tesla und die elektrischen Fahrräder

Das ist alles ganz schrecklich. Löst eine verzweifelte Gefühlslage in mir aus. Mental hab ich die Kündigung durch. Ich beobachte die Nachrichtenlage zu dem Ereignis bei Tesla gestern und sehe? Nicht viel. iPhone, Spitzer und Vorhautbeschneidungen sind immer noch die Renner, gerade im deutschsprachigen Raum. So fühlt sich das an, wenn Zukunft gestern war, und alle Profis mit ihrer smarten Excel-Grundhaltung aus dem BWL-Seminar den Monstertrain nicht haben kommen sehen, der sie überrollt. Live und in Farbe. Wenigstens jetzt – ca 20h danach – könnte man linken, zeigen, teilen. Stattdessen? Nüscht. Kritteln im Handelsblatt über die mittelfristigen Umsatzprognosen von Tesla.

In Deutschland ist das hier wichtig: Elektroräder auf denen Bossanzugsträger PR-optimiert rumhampeln.

In Kalifornien war gestern das wichtig: Ein t-shirträger der rumstottert.

Ich hab voriges Jahr auf dem MMT27 einen Vortrag über die sogenannte PayPal-Mafia gehalten. Ich vermute das war ein Rätsel für die teutsche Mentalität und ihren Umgang mit Visionen und technologischen Utopien. Für mich wird immer klarer, das der Umgang mit diesen Utopien auch mit der eigenen Fähigkeit zu tun hat, mit extremen Zukünften, gar kosmologischen Horizonten umzugehen. Nur mit derartigen riesigen Rahmen ist man in Lage quasi aus der Zukunft die Gegenwart zu beurteilen. Aus der Vergangenheit die Zukunft beurteilen zu wollen – Trenddenken, forecasting – ist unter den heutigen Bedingungen hoffnungslos im Hintertreffen.

Ich finde immer noch die Bemerkung einer Medienmanagementstudentin zu meinem letzten Vortrag an der MDH programmatisch für die momentane Situation in allen Belangen der Zukunft: „Ich find das ja interessant, aber wenig praxisorientiert!“

Ich habe Schmerzen, große Schmerzen. Wirklich.