Könnten Sie mir das Salz rüberreichen? Die Trägheit und Gewöhnlichkeit einer Aufforderung und der nachfolgenden, schwungvollen Bewegung eines Armes, der ein Salzfässchen mit der genau richtigen Hingabe einem geöffneten Ei zuführt, erhält nicht dadurch eine tiefere Bedeutung weil die Bewegung in der 1.Klasse stattfindet, sondern in der 1.Klasse eines Flugzeugs in 10000m Höhe bei 800km/h. Innerhalb eines Systems ist die Bewegung des Gesamtsystems so unsichtbar wie schwarze Katzen in der Nacht. Goldränder an Salzfässern täuschen nur über den Nullpunkt eines Inertialsystems hinweg über das wir nur Vermutungen anstellen können. Aber wir können gerne weiter über Etikette bei der Darreichung von Goldfässern mit Salzrändern diskursifizieren.
A²
Die Jagd nach der Dysonsphere
Hach, das ist aber nett. In meinem Vortrag im Juli an der MDH nahmen die Dyson-Sphären einen nicht unwesentlichen Raum (haha) ein, was dem Ganzen natürlich einen hochspekulativen Drall gab. Dr. Jay mopperte, eine Studentin bemängelte Praxisrelevanz. Aber manchmal muss man durch sowas durch und verbissen an Visionen festhalten. Was in einem kleinen Vorlesungsraum in einer kleinen Großstadt in Teutschland heftiger Spinnkram ist, kann ein paar tausend Kilometer weiter ein paar tausend Dollar, genauer 200000$ wert sein. Geoff Marcy hat diese Summe von New Frontiers in Astronomy & Cosmology erhalten um handfest nach Dysonsphären zu suchen. Weitere Details auch im hochgeschätzten Centauri-Dreams-Blog.
Brause oder Real Thing?
Das nutzt mir jetzt rein garnichts, wenn abfuckte Realisten sagen: Ja, so sind die Menschen oder so ist Marketing. Während ein brausegesponserter Ösi, der sich aus großer Höhe raumfahrtlookalike schnell runterstürzen will, Aufmerksamkeitsrekorde bricht (Trending Topic on Tiwtter!), dümpelt das Real Thing von SpaceX so vor sich hin.
Dahinter lauert natürlich mein Glaube an eine Hierarchie von Relevanzen. Ich bin dummerweise immer noch nicht davon zu überzeugen, das Justin Bieber wichtiger ist als ein heranrasender Asteroid. Aus dem gleichen Grund halte ich das Andocken von Dragon an die ISS durch eine Privatfirma immer noch für langfristig relevanter als brausegesponserte Scheinrekorde.
Vermutlich unterliegt dieses Relevanzrätsel einer Art Kohlbergfilter. Wer auf Stufe 1, 2 oder 3 hängt, identifiziert sich wahrscheinlich schwerlich mit der Lösung von Problemen, die die gesamte Art bedrohen. Problemräume und Zukünfte und mithin auch die daraus folgenden Relevanzen entstammen eben auch dem imaginierten sozialen Umfelds. Wenn dieses nur mich oder allerhöchstens meine nächsten Bezugspersonen umfasst, bleiben mir natürlich Problemstellungen, die die gesamte Art betreffen ein Buch mit 7 Siegeln. Umschalten. „Matta, komm ma, da springt einer von ganz hoch!“
Alles wirklich erst der Anfang
Musste gerade den Implus, in Facebook einen längeren Satz mit minimaler Schöpfungshöhe zu formulieren hart ausbremsen und stattdessen hier zu schreiben. Aalso.
Wenn man irgendwas über die technologische Timeline zum empften Male sagen kann, dann das: Alles erst der Anfang. Auch wenn smarte Geister aus dem technoesken Föjetong einem zyklisch etwas anderes einreden möchten.
“STAN WILLIAMS: We have such a long way to go. People talk about reaching the end of Moore’s Law, but really, it’s irrelevant. Transistors are not a rate-limiting factor in today’s computers. We could improve transistors by factor of one thousand and it would have no impact on the modern computer.
The rate-limiting parts are how you store and move information. These are visible targets and we know what we have to do to get there. We can continue to improve data centers and computers at Moore’s Law rates — doubling performance every 18 months — for at least another 20 years without getting into something like quantum or neuronal computing.“
Quelle: HOW ATOMIC SCALE DEVICES ARE TRANSFORMING ELECTRONICS
Dieser Williams ist nicht so ein technoesker FAZ-Jüngling, der interessante Gesprä Diskurse in Berliner Salons über die Hybris dös Mänschen führt, sondern Hewlett-Packard Senior Fellow and director of the company’s Cognitive Systems Laboratory. Vermutlich wieder so ein schrecklicher „getting shit done“-Typ.
Anstatt aus der Gegenwart die Möglichkeit oder Unmöglichkeit von irgendetwas in der Zukunft (Chips, Moore, Ai, AGI) smart zu kritisieren oder zu „widerlegen“, sollten wir Forderungen an die Gegenwart aus dem Geiste der uns maximal vorstellbaren Zukunft stellen. Wer sich nix vorstellen kann trägt sowieso das unsichtbare Zeichen des Darwin-awards auf der Stirn. Hugh!
Tesla und die elektrischen Fahrräder
Das ist alles ganz schrecklich. Löst eine verzweifelte Gefühlslage in mir aus. Mental hab ich die Kündigung durch. Ich beobachte die Nachrichtenlage zu dem Ereignis bei Tesla gestern und sehe? Nicht viel. iPhone, Spitzer und Vorhautbeschneidungen sind immer noch die Renner, gerade im deutschsprachigen Raum. So fühlt sich das an, wenn Zukunft gestern war, und alle Profis mit ihrer smarten Excel-Grundhaltung aus dem BWL-Seminar den Monstertrain nicht haben kommen sehen, der sie überrollt. Live und in Farbe. Wenigstens jetzt – ca 20h danach – könnte man linken, zeigen, teilen. Stattdessen? Nüscht. Kritteln im Handelsblatt über die mittelfristigen Umsatzprognosen von Tesla.
In Deutschland ist das hier wichtig: Elektroräder auf denen Bossanzugsträger PR-optimiert rumhampeln.
In Kalifornien war gestern das wichtig: Ein t-shirträger der rumstottert.
Ich hab voriges Jahr auf dem MMT27 einen Vortrag über die sogenannte PayPal-Mafia gehalten. Ich vermute das war ein Rätsel für die teutsche Mentalität und ihren Umgang mit Visionen und technologischen Utopien. Für mich wird immer klarer, das der Umgang mit diesen Utopien auch mit der eigenen Fähigkeit zu tun hat, mit extremen Zukünften, gar kosmologischen Horizonten umzugehen. Nur mit derartigen riesigen Rahmen ist man in Lage quasi aus der Zukunft die Gegenwart zu beurteilen. Aus der Vergangenheit die Zukunft beurteilen zu wollen – Trenddenken, forecasting – ist unter den heutigen Bedingungen hoffnungslos im Hintertreffen.
Ich finde immer noch die Bemerkung einer Medienmanagementstudentin zu meinem letzten Vortrag an der MDH programmatisch für die momentane Situation in allen Belangen der Zukunft: „Ich find das ja interessant, aber wenig praxisorientiert!“
Ich habe Schmerzen, große Schmerzen. Wirklich.
Kurze Zwischenerkenntnis
Anlässlich eines Artikels in der FT über Watson (IBM), auf den man nicht gut verlinken kann, dafür aber umso besser auf dieses kleine Blog hier.
“If I read one article every night, all year, that was relevant to my practice, at the end of the year I’d be 10 years behind the current information,” says Martin Kohn, chief medical scientist at IBM Research. “We just can’t keep up.”
Mein kleines, launiges Lemmata Lemma dazu: Aufn Punkt gebracht. Aber es gibt dann in allen Disziplinen jemanden dessen Klappe groß genug ist, um die Behindness mit Power zu kompensieren. Je größer der uneinholbare Wissenszuwachs in einer Disziplin, desto größer der potentielle Arschlochfaktor. Das gilt für Medizin genauso, wie in den sprachlichen Schleudertraumadisziplinen Soziologie und Philosophie. Vielleicht gerade dort. Ein Mediziner hat ja noch die Möglichkeit eine Blutung zu stillen…