Erstaunliche Resonanz

Kaum verweigert man sich den Kuschelatavismen im Netz geht der Traffic durch die Decke und man bekommt auf genauso atavistischen Kanälen (Dampfmail) Fragen gestellt, die leicht, hm riechen. Nein, ich hab keine Krise. Ausser die übliche 21.Jahrhundertdauerkrätze. Und das das hier ohne Kommentare kein Blog mehr ist, ist mir so… so… boah.

Als alter Sack darf ich mal aus vergilbten Texte zitieren, in diesem Fall aus dem Jahre 2004 aus eigener Tastatur. Damals noch mit leichtem Tomatenmark- und Kaffeebelag:

Aber es geht ja nicht um Blogs. Es geht um den Bereich, den man öffentlich macht und damit um „personal publishing“. Darauf läufts hinaus. Und da wäre das Endziel, das alles was ich zum öffentlichen Teil meines geistigen Lebens erkläre instant jedem auf Terra potentiell zur Verfügung steht. Ohne das mir die technischen Vermittlungen sichtbar sind. Ob chronological reverse, statische Webseiten, gepelptes Pupsen oder XML: Einzig die bewusste Entscheidung etwas als öffentlich zu erklären wird in Zukunft auffallen. Die Identifikation mit pMachine, MT, WordPress, Mambo oder Säbelzahntigerfelle ist prähistorisches Stammesdenken ohne Sinn für evolutionäre Horizonte.

Das Werkzeug muss morphen, sonst wird das alles ein großes, schales ALS OB. Alle tun so als ob sie ein Medium wären, als ob sie etwas zu sagen hätten, als ob sie „kritisieren“ könnten (gaanz wichtig im 20. Jahrhundert). Aber das löst sich alles auf. Vielleicht gut so.

Was am Horizont rumwabert:

Watson oder andere Werkzeuge, die da noch kommen gefährdet alle Textproduzenten. Was wird gefährdet? Der Gestus. Die Plausibilitätsmaschinerie. Stile. Selbstversicherungen. Plagiate sowieso. Das semantische Netz wird eine Laubsägearbeit dagegen sein.

Tip: Mal den Menupunkt „Verbreitung“ bei jedem geteilten Posting auf Google+ anschauen und nachdenken. Hochrechnen. Auf jedes noch so kleine Textfitzelchen anwenden.

Was bleibt? Orginalität. Wut. Spirit. Sehnsucht. Geist. Vision. Groove. Und viel Ärger, der sich aber minimieren lässt wenn man die Kommentare ignoriert.

Veränderung

Ich werde hier die Kommentare abstellen. Das hat verschiedene Gründe:

1) Erstens sind es nicht mehr so viele. Die Pioniertage des Bloggens sind vorüber, wo auf jeden Furz 52 Kommentare eintrudelten, wie damals so circa 2003/4 im Mehrzweckbeutel. Die Horde zieht weiter, zerstreut sich oder schrubbelt sich an lustigeren Feuerchen. (Überhaupt: Lustig muss es sein!)

2) Auch wenn Akismet hier aufpasst, muss man doch regelmässig reinschauen und Zeit investieren um die Spamgülle zu löschen. Irrationaler Zeitaufwand für den ein oder anderen kongenialen Kommentar.

3) Wenn ein Post heute kommentiert wird, dann irgendwo da draussen. Kontrollverlust. Also konsequent: Macht doch was ihr wollt. Historisch gesehen war das damals richtig, eine Kommentarfunktion zu haben, weil die meisten Leser ja keine andere Möglichkeit hatten, das cluetrainige Gespräch zu pflegen. Heute: Where you want, whenever you want. Gehet hin und labert, aber nervt meine Datenbank nicht voll. Man kann das auch als eine provozierte Steigerung der doppelten Kontingenz bezeichnen.

5) Wenn ein Post die Interessenpanzer (Vorkenntnisse, IQ, Alter… ) eines Lesers durchbricht, kann dieser genauso gut aus seinem eigenen Blog verlinken oder irgendwo da draussen seine „Meinung“ streicheln. Die Gedanken sind frei. Wer im eigenen Blog einen Gedanken aufgreift, verändert, erweitert, wird auch stilistisch anders – und ich schätze für alle Beteiligten produktiver – reagieren als in einem hingerotzen Impulskommentar um 1:13Uhr. Himmel, was ich hier schon gelöscht habe! (Ja, I confess, ich tutete es.)

5a) Wer das alles im Jahre 2013 nicht oder nirgendwo hinbekommt, mit dem – aber lassen wir das.

6) Wer den Austausch mit mir sucht, findet ihn auch.

All das hat natürlich auch mit dem veränderten Umfeld durch FB, G+, Twitter und anderen Silos zu tun. Die Suppe ist dünn geworden und wird täglich immer dünner und flüchtiger. Die sich dort herrausbildende Akkumulation der Aufmerksamkeit folgt anderen als sachlichen Kriterien. Aber das ist ein old hat aus der Netzwerktheorie, gelle? (Salganik, Watts, Dodds; 2006)

Ich sehe und fühle schon jetzt Vorteile im Schreiben, denn der Akt des Schreibens ist bei mir eine Art imaginierter Dialog mit einem je unterschiedlichen, imaginierten, wohlwollenden Publikum. Wenn die obigen Punkte aus diesem Dialog den mentalen Stress rausnehmen: Süper!

Für die Zukunft sehe ich die Notwendigkeit einen Schreibfocus zu entwickeln, der auch den heraufdämmernden technischen Möglichkeiten gerecht wird. Watson ist da nur ein Symptom, das noch lange nicht zu Ende gedacht ist. Da pennen alle Wortakrobaten und meinen noch mit Plausibilitäten weiterhin durchkommen zu können. Einfache Plausibilitätsstile wie sie im Business-Bereich oder in soziologisierenden Texten simuliert werden, sind aber in naher Zukunft gefährdet bis auf die Glasknochen nackisch gemacht zu werden. Dieser Herausforderung werden viele durch die Flucht in totale Subjektivität oder Verspassung begegnen. Die andere Richtung wird an steigender Humorlosigkeit erkennbar sein.

Ein verändertes Design ist durch diese Entscheidung auch möglich geworden.

Gehet hin und machet was ihr wollt!

Nie wieder KommenTiere!

Die Grenzen – GarageLab 24.1.2013

So, jetzt hab ich aus den Fugen der Zeit und meines Zooms einen Audio-Mitschnitt rausgefummelt und mit einiger Distanz als erträglich autorisiert. Ein eventuelles Video gestaltet sich etwas kapriziös, weil der Veranstalter mit einem iPad mitgeschnitten hat. Keine Ahnung was für eine Qualität dabei rumkommt. Selbst ist der Siggi: Hier also Folien und Audiomitschnitt. Eine Linksammlung ist in Arbeit. Für Gehirn- und Weltbildschäden übernehme ich die Verantwortung.

[audio: http://www.siggibecker.de/audio/GarageLab-24-1-2013.mp3]

Ein wichtiger Nachtrag!

Eigentlich wollte ich folgendes Zitat im Vortrag unterbringen, aber wie so immer: man nimmt sich zu viel vor oder die Gunst des Flows fliesst sonstwohin. Nun also:

„Jedes ernstgemeinte Studium ist eine Orgie, ein Bacchanal der Informationszufuhr. Von dem man nachher den größten Teil wieder vergisst, wie bei jedem Exzess. Auf das, was hängenbleibt, kommt es an – aber man weiß ja vorher nie, was das sein wird.“

Walter Moers, Das Labyrinth der Träumenden Bücher, München, 2011, S.296

(Danke Lydia [Mitdenkerin])

Nachtrag 2 zum Video
Sieht brauchbar aus. Obwohl mit einem iPad aufgenommen, ist die Qualität akzeptabel und ich agiere auch nicht so rum, das in mir der Wunsch auftaucht meine Postadresse nach Brasilien zu verlegen. Also: Video folgt!

Maxime

Je älter man wird desto mehr sollte man um eine Vision kreisen, nicht um Aberrationen.

Landkarte – Thinking in progress

Ich brauch eine evolutionär und refaktoriell belastbare Landkarte. Format: ziemlich weitreichend und schlipsträgerabweisend. Wenns die nicht gibt muss ich die mir halt selber basteln und mich zum Kontextdeppen machen.

Zeugen der Skizzierung werden noch für den prospektiven Unfallort gesucht:

Vortrag: Die Grenzen und die Gesellschaft – Rückwärtskompatibilität ausgeschlossen
WANN:    24. Januar 2013 @ 20:00 – 23:00
WO:          GarageLab
Bilker Allee 217
40215 Düsseldorf

PREIS:    Der Eintritt ist frei.