Differenzen stückeln – Wavetank – 2.9.2010

Fundstück aus meiner Vergangenheit: Vor knapp 15 Jahren befüllte ich gemeinsam mit Tim Bruysten und Jay Martin einen Blog, der unsere videofizierten Gespräche (heute würde man sagen Video-Podcast) begleitete. Aus mir unerfindlichen Gründen ist das alles irgendwann gelöscht worden. Naja, own your content, sag ich nur. Wer nicht hören will, wird dessen verlustig. Die Texte hab ich noch, die Videos leider nicht.

Heute morgen nun schlug mir die AI in Heptabase nun folgenden Text als relevant zu einer Notiz über Peripherie und Zentrum vor:

Mich dünkt einer der Fäden der hiesigen Gespräche – deren Farbe dahingestellt sei – zwirbelt sich mäandernd um die Reduktion von Komplexität in dem Schlamassel, den wir vorläufig aufgehendes 21. Jahrhundert nennen. Instinktiv versuchen wir dabei nicht in Fundamentalismus oder die Apologie überkommener Subsysteme zu verfallen. Aber wie will man den Leap ins Neue schaffen, wenn selbst das entwickeltste Begriffssystem dem verpflichtet ist, was – wie ich vermute – in unserer Zeit insgesamt zur Verhandlung ansteht? Wo entsteht die rettende Paradoxie?

Insofern sind die Gespräche der ästhetischen Gesellschaft auch nur ein weiteres Symptom einer Gesellschaft, der ihr Kontingenzhorizont gerade um die Ohren fliegt. Weitere, weit ärgerlichere Symptome: Schirrmacher, Gaschke, Journalismusdiskussionen, löschen statt sperren, Geld verdienen mit XYZ, Internetausdrucken, AAL, …beliebig erweiterbar.

Ich vermute nun das alles sind Symptome einer tieferliegenderen Krise. Keine ökonomische, ökologische oder lolologische sondern eine der Kommunikation. Wenn nach Luhmann Kommunikation die einzige soziale Operation ist, die Gesellschaft produziert und reproduziert, dann sind natürlich technologische Entwicklungen, die diese Basis beschleunigt unter unseren Füssen umbauen ohne zu überprüfen ob wir sicher stehen, Garant für noch mehr Kontingenz. Unterhaltsam gesprochen.

Dort scheint mir auch einer der Gründe zu liegen, warum die “Ästhetische Gesellschaft” (nicht wegens Schiller, den Adorno einst als “power und patzig” titulierte) ästhetische Gesellschaft heissen sollte. Das Thema von Kunst, Ästhetik, Mystik und Weisheit war seit je unbestimmte Komplexität, in deren Pool Sinn allenfalls im Freistil erschwommen werden kann.

Eine Gesellschaft, die höhere Komplexität ausbildet, wird also Formen der Erzeugung und Tolerierung struktureller Unsicherheiten finden müssen. Sie wird sich ihre eigene Autopoiesis gewissermaßen jenseits ihrer Strukturen garantieren müssen…” (Luhmann 1984)

Da fällt mir spontan die Anschlussfrage ein: Weil sonst was???

Gerade eine Notiz gefunden, die ich en passant irgendeines drive by shootings auf Facebook im April 2025 gemacht habe. Erscheint mir ein halbes Jahr später von hinreichender Schöpfungshöhe um sie hier zu pflanzen. Dank Heptabase und dem tollen RelevanzAIButton oder wie man das nennen könnte.

Schwer zu beurteilen wo man steht, wenn all die Urteile oder Äusserungen die man spontan nie tätigt, weil es rediculous shit ist, unsichtbar bleiben. Man kommt einfach nicht drauf, weil es in der jetzigen Brainconfig nicht denkbar ist. Unsichtbar. Mir kommt einfach nicht in den Sinn das 2+2=5 ist. Höchstens als Witz oder Demo für Quatsch. Das eigene Denken ist also ein Tunnel der Pfadabhängigkeit der Entwicklungshöhe und Bildung. Entwicklungshöhe und Bildung erzeugt also Unsichtbares. Undenkbares.

Anlass war eine “kulturkritische” Äusserung über AI von jemandem. Ich frug mich was diese Person alles nicht sieht, weil sie einen “kritischen” Adornotunnel hat.

Irgendwann sind solche Positionen so abstrus, das man mit so Leuten nicht mehr redet. Natürlich die auch nicht mit mir. Oder nur noch Leute die eine starke emotionale Bindung mit ihnen haben. Und die umgehen dann bestimmte Themen mit denen um des lieben Friedens willen.

Und so entsteht dann eine stabile Kleinkultur als negativer Raum des Unsagbaren. Tralala.

Soziale IQ-Simulation

Ein nicht unbeträchtlicher Teil der intelligent agierenden Bevölkerung hat in den Strukturen in denen sie arbeiten müssen gelernt Verhalten zu zeigen, das mehr Intelligenz simuliert als sie haben. Müller muss schlau wirken, sonst ist er wech und die Hypothek aufm Haus auch gleich mit. Dat Ärm Müller kann in der Verkleidung eines Beraters, eines Abteilungsleiters oder Hanna auftreten.
Da liegt also auf viel Kommunikationen eine Art Pseudoglitzer, der Smartness, Klugheit, Intelligenz signalisieren soll.
Tja, und nun driften wir in eine Epoche in der langsam ein Ungetüm aus dem Schlamm der AI-Innovation auftaucht, das diese parasprachlichen Routinen gefährdet, weil es sich nicht beeindrucken lässt.

Ich bunker das mal als Nebenphänomen in meinem Lieblingsprojekt: Digitales Partikulargericht ab. Weitergrübeln – äh schräbbeln angesagt.

Überschuss

Es gibt Kommunikationen die über den autopoietischen Standard hinausgehen. Wenige, oder im Subtext verborgen. Die kleine Kraft, die sich an den Rand dessen robbt, was den täglichen Schmumpf ausmacht, der den Laden mit Hilfe kommunizierender Röhren aufrechterhält. Reproduktion ist notwendig, führt aber dazu das Systeme in the long run nur brittle werden. Nur der Überschuss, der extropische Überschuss rettet vor dem Einschlag aus dem Welt(en)raum hinüber in den Weltentraum.

Beschleunigung der Beschleunigung

Ob das überhaupt noch nötig ist? Das last-invention-race nach AGI läuft, die Klimakatastrophe ist ohne gigantische technologische Durchbrüche nicht mehr abwendbar. Wieso könnte man denken das man selbst, man persönlich nach über 100 Jahren Managementtheorie einen Ansatz, eine “Theorie” hätte, die Management effizienter machen könnte? Denn lediglich um Effizienz der Organisation dreht es sich. Der Weg hin zu AGI und ASI wird full throttle dahingerast, da ist keine weitere Beschleunigung nötig. Das Konzept der Beschleunigung der Beschleunigung hat sich erledigt. Jetzt kommt es lediglich darauf an hin und wieder vernünftig gegenzusteuern ohne den Schwung zu verlieren.
Wem es wirklich auf Beschleunigung ankommt unter vollem Einsatz von Person, Ansehen, Vermögen der packt sein Sackerl und geht ins Zentrum der Idee und macht nicht in der lagging Provinz Aquise und beschwert sich über Deppen. Ich beschwer mich wirklich nicht. Es läuft alles unter Vollgas. Und nen schwadronierenden Ex-Musiker braucht nun wirklich niemand.