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  • Zur Phänomenologie langjährigen Übens

    Etwas langjährig zu üben, mit mitunter wenig Veränderung über längere Zeiträume, braucht einen Focus auf etwas, das man am Anfang der Übung noch gar nicht kennen kann. Nach langen Zeiträumen täglicher Wiederholung taucht etwas auf, das man am Anfang der Übung noch gar nicht hätte beschreiben können. Der Focus dieses Übens muss also auf etwas gerichtet sein, das man selbst noch gar nicht kennt, gar nicht beschreiben könnte. Wenn es auftaucht, ist sofort klar das dies eine neue Entwicklungsrichtung ist, die in den Focus der Aufmerksamkeit gerückt werden muss, um eine Verbesserung, Vertiefung, zu erreichen. Nur wie gesagt, am Anfang steht höchstens die Hoffnung oder der Hinweis des Lehrers „Mach das mal 11 Jahre!“. Dabei „kann“ man das doch schon nach ein paar Tagen, also, was will der Typ, ich bin doch toll.

    Wachstumsmetaphern helfen da auch nicht weiter, weil das, was irgendwann durch Emergenz auftaucht keine schrittweise Verbesserung ist, sondern eine neue Qualität. Einfaches Können ist erst der Anfang einer jahrelangen Reise, an deren Ende – das wiederum der Anfang … – etwas steht, auf Grund dessen man nicht aufbrechen konnte. Faszinierend.

    “I fear not the man who has practiced 10,000 kicks, but I fear the man who has practiced one kick 10,000 times”

    Bruce Lee

  • Lennie says…

    Ein kleiner, aber sehr lehrreicher Ausschnitt aus einer Dokumentation der Norwegian Broadcasting Corporation über Lennie Tristano. Think about it!

    You could make your fingers reproduce exactly what you felt, if you really work that. I achieved it not only spending a lot of time at the keyboard but finding ways I could make my fingers reproduce my deepest feelings. It meant when you hit a note with a finger you sank into that note all the way to the bottom of the keyboard until that… baaaooom!! Right?!

    It´s not instant composing, it´s not following any kind of a formula. All you do is hear music in your head and reproduce it.

    Lennie Tristano – Manhattan Studio 1 & 2[1983] 

    Hier das Video in voller Länge:

  • Al Di Meola erklärt Timing

    Ich wollte schon lange auf dieses kurze, aber sehr lehrreiche Video hinweisen. Eine der häufigsten, wenn nicht die Fehlerquelle überhaupt, warum etwas nicht klingt, liegt in einem nicht vorhandenen Puls. Was keinen Puls hat, ist tot. Man kann kein Timing haben, wenn man keinen Puls spürt. Man kann rhythmische Unterteilungen (Achtel, Triolen, Sechszehntel) nicht genau spielen, wenn kein Puls da ist, von dem man diese ableiten könnte. Also, was macht man? Al Di Meola empfiehlt: Jahrelang mit dem Fuss klopfen und sich für kleinste Schwankungen sensibilisieren und versuchen irgendetwas zu spielen oder zu machen, das quer zu diesem Puls läuft. Die erste Zeit kann dabei der Fuss arg ins Wackeln geraten, das wird aber mit der Zeit besser. Wenn dann irgendwann der Puls fühlbar durchläuft, kann man auch beginnen Pausen zu machen, nichts zu spielen. Wer keinen Puls hat, rettet sich ja meist, indem er oder sie immer durchspielt, ob es Sinn macht oder nicht (meist nicht). Puls und Spielen sind zweierlei. Bis das da ist kann es aber etwas dauern. Selbst Al Di Meola spricht hier von Jahren. Zum Glück kann man das auch ohne Instrument überall üben.

    So, und hier nun das Video. Nicht einmal anschauen, sondern mehrfach! Häff Fann!

  • Die Motivation Gitarre spielen zu lernen

    Es gibt verschiedene Gründe warum Leute ihren Wunsch in die Tat umsetzen und schliesslich bei jemandem wie mir landen. Einige dieser Gründe führen meist nirgendwo hin, andere in eine lebenslange Auseinandersetzung mit diesem bekloppten, tollen Instrument.

    Letztlich lassen sich diese Gründe mal wieder in die 2 großen Gruppen der extrinsischen und intrinsischen Motivationen einteilen.

    Wer so wie Gruppe xyz (gerade hippe Gruppe einsetzen) spielen möchte (extrinsisch), hat gute Chancen nach einer gewissen Zeit an den Schwierigkeiten des Instruments zu scheitern. Der Anfang ist natürlich von Schwung und Neugier geprägt, verebbt aber, wenn der Schüler zu begreifen beginnt, wieviel Arbeit selbst hinter ein paar Akkorden steckt. Diese Arbeit, auch Üben genannt, nimmt dauerhaft nur jemand auf sich, der das Instrument an sich liebt, seine Schwierigkeiten, den Klang, die motorischen Eigenheiten. Nur mit dieser Orientierung kann man auch Fortschritte entdecken, die im Kleinen stattfinden. Wer intrinsisch motiviert ist, vergleicht sich mit früher und stellt fest wie weit er oder sie schon gekommen ist. Wer über den einen Sommerhit oder die eine tolle Wahnsinnsgruppe zur Gitarre findet, wird es schwer haben sich über lange Zeit mit Schwierigkeiten auseinanderzusetzen, die im Lernenden selbst liegen (You are the instrument). Hinzu kommt (meine Beobachtung), das Leute die über so etwas motiviert sind mit der Gitarre anzufangen, eher visuell orientiert sind und selten hören was sie machen. Konfliktstoff pur im Unterricht.

    Gerade in der letzten Woche durfte ich diese genau entgegengesetzten Motivationen bei 2 Menschen beobachten. Die extrinsisch motivierte Schülerin verzweifelt in einem Feuerwerk an Emotion, die sich natürlich an mir entzündet und abarbeitet, während die intrinsisch motivierte ihre Energie auf eine wirklich musikalische Problematik richtet und eine Stelle mit meiner Hilfe erarbeitet, bis die Schwierigkeit erkannt und behoben ist. Welche Stunde mir wirklich Freude gemacht hat brauche ich nicht zu betonen. Intensiv waren auf jeden Fall beide Stunden.

  • Blattspiel: Die Noten auf der e-Saite

    Beim Erlernen der Noten in der ersten Lage ist es vorteilhaft systematisch vorzugehen. Erst die Noten auf der e´-Saite, dann h, g und so weiter. Dazu habe ich irgendwann einmal Blätter mit einfachen Notenfolgen zusammengestellt, die keinen kompositorischen Höhepunkt darstellen, sondern einfach nur das Blattspielen und das Erlernen des Griffbretts trainieren sollen. Download hier: Rechtsclick speichern unter… (180k Pdf).