Alle 5 Sinnesdomainen können real erfahren oder imagiert werden. Können? Kannst Du wirklich? Wie klar ist die Vorstellung? Wie lang bleibt sie im Gedächtnis?
In den nächsten Tagen werde ich alle möglichen Kombinationen, die jeder als eine bestimmte Fähigkeit, Anforderung oder Kontext kennt einmal durchsprechen. Einer muss es ja tun 😉
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Imaginiert oder real erfahren
Die 5 Sinnesdomainen der Imagination
Alle 5 Domainen können sowohl erlebt als auch imaginiert werden, können innen oder aussen sein. Die sechste besteht aus Emotionen und durchdringt alles. Aber das ist selbstverständlich, right? Deswegen machen wir ja Musik, oder?
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Singen und innere Klangvorstellung
Singen ist zwar eines der wichtigsten Hilfmittel zur Überprüfung der inneren Klangvorstellung, darf aber nicht dazu führen, das die Klangvorstellung vom Singen beherrscht wird. Der Ton muss sozusagen absolut hörbar sein, in jedem Timbre, jedem Klang, jedem Instrument. Wie will man sich sonst ein Schlagzeug vorstellen oder den Klang eines Instruments ausserhalb der eigenen Stimmlage, geschweige denn mehrstimmige Verläufe?
Um die innere Klangvorstellung zu überprüfen ist also eine Skalenübung wie: Vorstellen – nachsingen – spielen – vergleichen gut geeignet, darf aber nicht zu einer zu engen Kopplung ans Singen führen. Das muss jeder in seiner eigenen Vorstellungswelt abchecken, ob die Imagination hinreichend unabhängig von der eigenen Singfähigkeit ist. Wenn die Singfähigkeit gewohnheitsmässig zu gut entwickelt ist, legt sie sich wie ein Film über die instrumentale Tonimagination und lenkt die Aufmerksamkeit ab. Zumindest ist das in meinem Hirn so. Das muss jeder für sich selbst überpfrüfen wie klar und vom Singen unabhängig die Tonvorstellung ist.
Ein ähnliches bekanntes Phänomen gibt es beim Lesen: der gelesene Text wird „subvokalisiert“, das heisst in der Vorstellung mitgesprochen. Natürlich ist klar, das Leser die subvokalisieren nie schneller als ihre Sprechgeschwindigkeit lesen können.
Singen ist also ein guter Einstieg in die Vorstellung, kann aber wie beim Lesen zu im wahrsten Sinne des Wortes unvorstellbaren Grenzen führen.
Leon Fleischer – Ohne Vorhören ist alles ein Unfall
Das was Leon Fleischer da sagt, sollte für jedes anspruchsvolle Üben und erst recht für die Aufführung gelten. Ich weiss, hoher Anspruch, und in weiten Teilen erfordert das natürlich eine andere Art des Übens. Ein üben, das so weit wie möglich mit der Vorstellungskraft arbeitet. Die Grenzen der Vorstellungskraft sind die Grenzen der eigenen Musikalität. Das ist der Maßstab, an dem ich in meinen Workshops scheitern möchte 😉
I think technique is the ability to produce what you want. The presupposition is that you want something. So before going to the piano and practicing, training the muscles which is a waste of time because its not in the muscles its in the brain its in the inner ear. You have to hear – Schnabel used to say it all the time – you have to hear before you play. If you play before you hear what you going for its an accident and everything is build then on an accident. So want something, hear it, go for and experiment, do outrages things. When you are in the privacy of your studio – what a luxury! No metronome please, nothing. You can try whatever yo want. So experiment, experiment.
Meine Übersetzung:
Ich denke Technik ist die Fähigkeit, das auszuführen was man will. Die Voraussetzung ist das man etwas will. Wenn man also zum Piano geht und übt, ist das Training der Muskulatur eine Zeitverschwendung weil es natürlich nicht in den Muskeln ist, sondern im Hirn, in der Tonvorstellung. Man muss es hören – Schnabel sagte das immer – man muss es hören, bevor man es spielt. Wenn man spielt, bevor man hört was man anstrebt, ist alles ein Unfall und alles weitere ist auf einem Unfall aufgebaut. Habe also eine Vorstellung, höre es, strebe das an und experimentiere, versuche unglaubliche Sachen. Wenn Du in der Zurückgezogenheit des Proberaums bist – welch ein Luxus! Kein Metronom bitte, nichts. Du kannst ausprobieren was Du willst. Experimentiere also, experimentiere.
Lennie Tristano hat in den 60igern etwas ähnliches zu Technik und Imagination gesagt. Stilübergreifend kommen Spitzenmusiker zu ähnlichen Aussagen.
Geschwindigkeit und Lautstärke
Sollte ich je in einer halben Stunde jemandem etwas auf den Weg geben müssen mit maximalen Folgen für die weitere Entwicklung dann wären es nur zwei Themen: Laustärke/Dynamik und Puls. Zum Puls vielleicht später mal was. Im übrigen gelten diese Übungen für alle Instrumente. Auch Triangel, Schlagzeug und Zinken.
Zur Lautsärke soviel: Ohne die vollkommene, feinmotorische Beherrschung von Laustärke ist keine willentliche Phrasierung möglich. Das tollste Lick wird dann durch einen rostigen Nagel, bzw einen unwillentlich zu leisen oder zu lauten Ton zerschossen.
Vor Jahren habe ich dazu mal ein Blatt gebastelt auf dem die vier möglichen Kombinationen von Lautstärke und Tempo dargestellt sind. Einfach mal ein paar Jahre üben. Vielleicht (!) hilfts ja.
Da könnte man noch Romane drüber schreiben. Vielleicht später.