SENS-Hypothesen von Aubrey de Grey halten Prüfung stand

Wie vor fast einem Jahr hier schon mal berichtet, hatte die Technology Review auf Initiative des Chefredakteurs Jason Pontin ein Preisgeld von 20 000$ für denjenigen ausgesetzt, der darlegen kann, das die SENS-Hypothesen von Aubrey de Grey „…derart falsch sind, das sie keiner akademischen Debatte würdig sind“.

Was folgte, war das gewohnte Schweigen, das schon für Pontin der Anlass zu diesem ungewöhnlichen Aufruf war. Schliesslich wurden doch noch vor ein paar Monaten 3 Kritiken eingereicht, auf die de Grey auch anwortete.

Nun fehlte nur noch eine Jury, deren Mitglieder ihre Denkfähigkeit genügend unter Beweis gestellt hatten um zu allgemein aktzeptierten Schlüssen zu kommen. Ich weiss nicht an welchen Schrauben da gedreht wurde, aber schliesslich gehörten unter anderem Craig Venter, Nathan Myhrvold und Rodney Brooks zu den Juroren. Nicht schlecht. Fehlende logische Schlussfähigkeit kann man diesen Zeigenossen nicht unterstellen. Eher vielleicht ein gewisses Interesse an der Thematik. Gerade bei Nathan Myhrvold gibt es Befürchtungen, das er sich mit seiner Firma Intellectual Ventures zu einem Darth Vather des technologischen Fortschritts entwickeln könnte. Die Biochemie des Alterns mittels Unmengen von Sperrpatenten in den Händen eines EX-Microsoft Milliardärs. Na, wie klingt das? – War nur Spass.

Ok, weiter. Und es begab sich, das gestern das hohe Gremium kreiste und verlauten liess, das die kritisierenden Herrschaften ihr Ziel der Wiederlegung nicht erreicht hätten, obwohl usw…(Eiertanz gekürzt). Es wäre grundsätzlich zu bemängeln das sie zu schnell mit ihren persönlichen Angriffen und dem „name calling“ wären. LEO meint eine „ordinäre Beschimpfung“ käme dem recht nahe. Wissenschaftler, die andere Wissenschaftler beschimpfen? Unmöglich. Da sei Popper vor!

Um die Beschimpfenden zu besänftigen, wurde dem am wenigsten Schimpfenden ein Zuckerl in der Höhe der Hälfte des Preisgeldes überreicht, allerdings ohne die Zustimmung der Methuselah Foundation, die die andere Hälfte gespendet hatte.

Nachdem nun also die SENS-Hypothesen soweit bestätigt worden sind, das ein junger Wissenschaftler nicht gleich befürchten muss seine Karriere zu ruinieren, wenn er mit dem Namen de Grey in Verbindung gebracht wird, können wir gemeinen Alternden endlich darauf hoffen das ein wenig Bewegung in die Betonwände uralter Glaubenssysteme kommt.

2 Gedanken zu „SENS-Hypothesen von Aubrey de Grey halten Prüfung stand“

  1. Sorry Siggi,

    schon deine Überschrift ist eine sehr einseitige bzw. parteiische Auslegung des Ergebnisses, die der Parteinahme für SENS keinen guten Dienst erweist. Das Gremium hat klar zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei de Greys Ansatz NICHT um bestätigte Wissenschaft handele, daß er in einer Art ‚Vorzimmer‘ der Wissenschaft verharre oder daß de Grey von jeder Menge unbestätigter Annahmen ausgehe und seine Sache nicht besonders gut vertreten würde etc. Dass man seine Hypothesen ohne ihre eigentliche – empirische – Prüfung nicht vorweg disqualifizieren kann, war dabei aber eigentlich schon vorher klar, insofern war die ganze Grundkonstruktion des Preises unfair, selbst schon ein gutes Stück irrational und die Kritiker haben sich letztlich mit ihrer überschießenden Polemik selbst ein Bein gestellt. Das hat der Entschluss des Gremiums zumindest ein wenig gerade gerückt, aber aus der Tatsache, daß etwas nicht von vorneherein aus der wissenschaftlichen Diskussion ausgeschlossen ist, kann man noch lange nicht umgekehrt auf die sachliche Richtigkeit und den tieferen Wert einer Theorie oder gar für ihre stärkere allgemeine bzw. finanzielle Unterstützung rückschliessen. Die SENS-Hypothesen sind jedenfalls nicht ‚bestätigt‘ – dann wären es keine ‚Hypothesen‘ mehr – und ein solcher Sprachgebrauch ist im Zusammenhang des wissenschaftlichen Forschungsprozesses daher irreführend. Dementsprechend wurde das ganze Evaluationsvorhaben schließlich auch als immer noch offen bezeichnet, so daß man weiterhin SENS-kritische Papiere einreichen kann.

    ‚Das gewohnte Schweigen‘ sollte dir zu denken geben und ist auch gar nicht mehr zutreffend, da der biogeronotologische Mainstream sich inzwischen längst mit öffentlicher Kritik an de Grey zu Wort gemeldet hat, siehe die EMBO-Initiative von letztem November, in der sich über zwei Dutzend teils hochrangige Biogerontologen öffentlich gegen de Grey und SENS ausgesprochen haben (um von der Polemik von Richard Miller bezüglich ‚Schweine mit Flügeln‘ nicht zu reden).

    Daß ausgerechnet Estep et al. der ‚am wenigsten Schimpfende‘ sein soll ist ja wohl ein Witz, oder meintest du das tatsächlich ironisch!?? Die Frage, ob ein junger Wissenschaftler mit der Ausrichtung auf de Greys Ansatz seine Karriere ruiniert oder nicht, ist dabei allerdings tatsächlich interessant. Der SENS-Challenge dürfte ihm überhaupt erst einmal bewußt gemacht haben, daß ein solches massives Risiko angesichts extremer Voreingenommenheiten tatsächlich besteht. Im Einzelfall dürfte es aber wohl mehr von der Ansicht seines jeweiligen Chefs oder Professors abhängen und kaum von dem uneindeutigen Ergebnis des Challenge.

    ‚Betonwände uralter Glaubenssysteme‘! Das ist eine leider sehr treffende Formulierung, wie es überhaupt bezeichnend für den ganzen Vorgang bzw. die Einschätzung der SENS-Hypothese durch den biogerontologischen Mainstream ist, daß sogar die grundlegende Wissenschaftlichkeit des ganzen Ansatzes fundamental in Frage gestellt wurde und wird. Die nötige Förderung von einer Milliarde Dollar (nur für die Mausforschung, die als eine Art ‚Anschubfinanzierung‘ gedacht ist, freundlich formuliert) durch öffentliche Fördertöpfe dürfte mit dieser öffentlichen Manifestation von Kritik, Abwehr und Animositäten aller Art weiterhin in unerreichbarer Ferne bleiben, und auf die Finanzierung kommt es im Kern ja entscheidend an, denn de Greys ganzes Konzept und seine ganzen zeitlichen Prognosen sind daran geknüpft! Wenn es aber schließlich MIT massiver Förderung mindestens 25 Jahre dauert, bis entscheidende Durchbrüche beim Menschen zu erwarten wären (mit ‚50%iger‘ Chance), dann heißt das ja im Umkehrschluss, daß es OHNE diese Unterstützung und gezielte Forschung wesentlich LÄNGER dauern wird. Wieso sonst der ganze Aufwand und die ganze Rhetorik!? Nicht zufällig setzt er schon seit längerem daher wohl nur noch auf private Förderung durch superreiche ‚Philantrophen‘, aber was in dieser Linie für Otto Normal(un)sterbliche wie uns zu erwarten ist, habe ich in verschiedenen Andeutungen in anderen Texten deines Bloggs mit Zustimmung gelesen. (Oder siehe auch oben, den ‚Spass‘ mit den Sperrpatenten eines Ex-Microsoft-Milliardärs…)

  2. Sorry Herr Muth, der Gebrauch des Adverbkonnektors „schon“, zumal in Widerspruch zu einer vorausgehenden Äusserung hat irgendwie was implizit bombastisches. Nett, so als Entree. 😉

    Was die Formulierung der Überschrift angeht, da steht nicht: Bewiesen, wiederlegt, verifiziert, falszifiziert oder sonstwas, sondern „Hypothesen halten Prüfung stand“. So wie in stehenbleiben, statt umfallen. Nothing more. Wenn Hypothesen einer Prüfung standhalten, dann heisst das für mich das man jetzt (irgendwie) weitermachen kann. That´s all. Jede weitere Interpretation wäre wohl ein Wettbewerb in Korinthenweitwurf. 🙂

Kommentare sind geschlossen.