Warum und Wozu?

Die biologische Endlichkeit unserer individuellen Existenz ist eine Verhöhnung jeden einzigartigen Ichs. Auf Menschen, für die diese Verhöhnung eine Kampfansage bedeutet, übt das Mem der Singularität eine unwiederstehliche Anziehungskraft aus. Aus dem Grund des empfundenen Wozu scharen sich heute Menschen um eine Vision, die an Gitterstäben rüttelt, deren Morschheit und Illusion die alltägliche Kruste unseres globalen und medialen Schleiers darstellt. Es bereitet mir Freude so etwas 2006 schreiben zu können.

Weben oder wagen? Eine Frage, die sich fraktal bis ins alltäglichste verästelt…

8 Gedanken zu „Warum und Wozu?“

  1. Immer neue einzigartige Ichs, das war mal die altmodische DNS-Botschaft.

    Heute sind wir zum Glück schlauer und werden unseren eigenen Genen mal auf die Sprünge helfen.
    Hoffentlich bedeutet das nicht: 500 Jahre lang Günther Jauch (gutgelaunt, für immer jung) ertragen müssen.
    Wenn wir die Langlebigkeit erfunden haben, wird wohl der Beruf Killer ein ehrbarer und offiziell ins Register der Bundesanstalt für Arbeit aufgenommen. Ein, zwei saubere Morde im Monat auf 400 Euro-Basis, das wär was für mich.

  2. Ach,
    400 euro-Basis? Warum? Ich mach’s dann lieber freiberuflich, immer wenn ich es brauche. Vielleicht sogar, wie es sich in der Kunst entwickelt hat: Weg vom Auftrag, also erst das Werk schaffen und dann sehen, wie man die Entlohnung dafür bekommen kann. Zweite Parallele: Das Werk ist oft selbst Entlohnung genug!
    Ahoi!

  3. In der Dreigroschenoper von Brecht heisst es, „denn wozu lebt der Mensch, wenn nicht fuer…“ (was? Freude?) ich habe das naechste Wort leider vergessen. Ich selber lebe seit Jahrzenten um meine Umwelt zu erforschen. Als die tatsaechliche Welt der Wirklichkeit erschoepft war, musste ich tief in der inneren Welt die immer seltener gewordenen Neuigkeiten ersammeln. Endlich hoerte das weitstreifende Lesen auf, interessant zu sein, denn man wollte selber die neuen Ideen und die neuen Umwaelzungen aus sich hervorbringen. Dafuer erfuhr man Beschimpfung und Verhoehnung von seinen Mitmenschen.

  4. Die säugetierischen Antworten reichen mir zunehmend nicht mehr. Der Weg nach innen, um dem „Wozu?“ auf den Grund zu kommen ist ein logischer.
    Zum Inhalt des letzten Satzes fällt mir (mal wieder) nur Rilke ein:

    Was ist deine leidendste Erfahrung?
    Ist dir Trinken bitter, werde Wein.

    Demo or die. 😉

  5. Meine Grossmutter lebte bis 101 und ihre Schwester bis 102. Die beiden fluesterten tschechisch vor dem grossen Ofen als ich Kind war in Seattle WA USA. Mit vierzehn Jahren musste ich obligatorisch ein Jahr Latein lernen in der katholischen Schule. Nachher haben meine Freunde Latein verlassen und mit Deutsch begonnen. Ich wollte Latein nicht aufgeben und habe also „Deutsch: Estes Buch“ gekauft und zuhause studiert. Unter meinen Lehrern zaehlten Beethoven mit seiner IX. Sinfonie, von der ich „An die Freude“ memoriert habe; Heine mit seinen Reisebildern; und ein Autor dessen Buch ich naiv kaufte, weil ich glaubte, es waere ein Witzenversammlung. „Die froehliche Wissenschaft“ von Nietzsche war aber kein Witz und hat mir das Leben veraendert. Entschlossener als je blieb ich bei meinem Urziel — Maschinen das Denken beizubringen.

  6. Vielleicht benutze ich den Begriff „Mem“ nicht in seiner amtlichen Bedeutung. Ich vermute, ich wollte an dieser Stelle ausnahmsweise etwas wie „Mode“ mitschwingen lassen, was mir nämlich ebenfalls im Begriff des Mems mitzuschwingen scheint.

    Abgesehen davon hängt es stark von der Person ab die den Begriff Singularität vor sich her schiebt. Wenn demnächst Prof. Lorenz-Mayer über die Singularität schwadronieren würde, könnte man schon ein Mem in Aktion vermuten 😉 . Bei Drexler, Kurzweil oder Yudkowsky sieht das komplett anders aus (Warum?). Abgesehen von einem so nebensätzigen (Miß-)Ge-brauch des Begriffs „Mem“, halte ich ihn im übrigen für nicht sehr useful. „Begriff“, „Konzept“ oder „Szenario“ finde ich in diesen Belangen immer noch sättigender.

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